Es gibt so einen Ton, der gerade wieder lauter wird. Ein Grollen, das durch Podcasts, Kommentare und Werbekampagnen zieht. Es ist der Sound der Rückkehr des „echten Mannes“ – hart, unbeugsam, dominant. Ein Muskelspiel auf der Bühne des Zeitgeists. „Zurück zur Männlichkeit“, heißt es da. Weg mit dem sensiblen Quatsch. Her mit den klaren Ansagen, den Alpha-Vibes, dem Selbstbild aus Beton.

Das „Testosteron-Revival“ ist kein Zufall. Es ist eine Reaktion. Eine Gegenbewegung. Während sich die Gesellschaft verändert – offener wird, weicher, durchlässiger – gibt es Männer, die sich davon bedroht fühlen. Die nicht wissen, wo ihr Platz ist, wenn Stärke plötzlich leise daherkommt und Respekt nicht mehr mit Lautstärke verwechselt wird.

Also greifen sie zurück auf ein Bild, das sie kennen: Der Mann als Anführer, Ernährer, Kämpfer. Ein Bild, das nicht fragt, sondern handelt. Nicht fühlt, sondern durchzieht. Ein Bild, das auf den ersten Blick Sicherheit verspricht – aber auf den zweiten Blick vor allem eines ist: Flucht. Flucht vor der Auseinandersetzung mit sich selbst. Flucht vor Veränderung. Flucht vor echter Entwicklung.

Was da gerade wieder hochgeholt wird, hat nichts mit Männlichkeit zu tun. Es hat mit Unsicherheit zu tun. Mit Überforderung. Mit dem Wunsch nach klaren Regeln in einer Welt, die komplex geworden ist. Aber wer glaubt, dass ein gestählter Bizeps die Antwort auf gesellschaftlichen Wandel ist, der hat die Frage nicht verstanden.

Männlichkeit braucht heute keine Rückbesinnung. Sie braucht Ehrlichkeit. Klarheit. Und die Bereitschaft, sich nicht über Rollenbilder zu definieren, sondern über Haltung. Über Respekt. Über Verantwortungsbewusstsein – für sich selbst und andere.

Wir brauchen keine Männer, die sich an veralteten Idealen festklammern wie an einem morschen Ast. Wir brauchen Männer, die bereit sind, neu zu denken. Und stark genug sind, sich selbst infrage zu stellen.

Das „Testosteron-Revival“ ist kein Zeichen von Stärke. Es ist ein Aufbäumen alter Ideen, denen die Zeit davonläuft. Die Zukunft ist nicht männlich. Und auch nicht weiblich. Sie ist menschlich.